Schulclubs

Ich habe mir gedacht, es könnte ganz interessant sein mal über meine Schulclubs (部活 – bukatsu) zu reden, da es sowas in der Schweiz im Prinzip nicht geht. Da das für die meisten wohl Neuland ist, erkläre ich erstmal was genau diese Clubs sind, und wie das ganze aufgebaut ist.

Wie funktionieren Schulclubs?
Also erstmal variiert das Ganze sowieso von Schule zu Schule, aber im Grossen und Ganzes läuft das immer gleich ab. Es gibt ganz verschiedene Clubs. Von Sportclubs, wie Basketball, Aikido und Bogenschiessen, über Kartenspiele, Kochen, Schneidern bis hin zu Astronomie und Musik. Die Hingabe der Schüler zu ihren Club Aktivitäten könnte für Leute aus dem Ausland ein wenig seltsam und merkwürdig wirken, was es für mich Anfangs auch war. Viele Schüler leben quasi nur für diesen Club und es dreht sich alles immer nur darum. Bis spät nach der Schule, oft jeden Tag (auch am Wochenende) wird trainiert. Sportclubs nehmen oft sogar an nationalen Wettbewerben teil und die Aufnahme in einen solchen Club basiert auf einem hohen Niveau.

Hierarchie
In vielen Clubs herrscht eine strenge Hierarchie. Die jüngeren Clubmitglieder haben den älteren zu gehorchen. Von den Junioren werden normalerweise niedere Dienste für die Oberschüler erwartet, wie das Tragen von Equipment und Saubermachen. Diese Hierarchie mag für Leute außerhalb Japans sehr fremdartig wirken, aber es basiert auf die in Anime sehr oft anzutreffenden senpai-kouhai Beziehung. In Japan ist ein seinpai normalerweise ein Oberschüler, jemand der älter ist oder ein Senior.
Kouhai ist ein Schützling oder Junior. Es entspricht dem Mentor-System, ist aber strenger und bereits in den meisten sozialen Strukturen integriert. Dieses Mentor-System ist auf allen Bildungsebenen, Sportsclubs, Geschäften und legeren sowie sozialen Einrichtungen wiederzufinden.
Sobald ein Schüler einen Club beitritt, bleibt er meistens in diesem Club bis zu seinem Abschluss. Die meisten Senior Mitglieder sind in ihrem letzten Jahr nicht mehr sehr aktiv bei ihren Club-Pflichten weil sie sich für die Arbeitssuche oder die Einstellungstests der Universitäten vorbereiten müssen.
Die meisten Schüler sind lediglich in einem Club, da das ganze viel Zeit und Geld in Anspruch nimmt. Das Equipment muss man nämlich meistens (wenn auch vergünstigt) selber zahlen und vor allem Sportclubs trainieren täglich bis in die Nacht.

Meine Schulclubs

  • Orchester: Geübt wird Montags, Mittwochs und Donnerstags nach der Schule und manchmal auch den ganzen Samstag. Der Club besteht aus ca. 25 Leuten (24 Mädchen und 1 Junge). Davon spielen die meisten Geige und Viola. Celli gibt es von der Schule aus leider nicht so viele, daher ist der Platz auf 8 begrenzt. Eine Bassspielerin haben wir auch! Das Cello kann ich in der Schule mieten und es darf auch jeder Zeit mit nach Hause genommen werden, das kostet mich auch nur ca. 50 CHF für das ganze Jahr! Wir haben bestimmt etwa ein Konzert im Monat und ich habe schon einen ganzen Haufen an Cellonoten. Das Niveau ist ziemlich hoch, obwohl die meisten auch erst seit 2,3 Jahren spielen. Noten kann ich mir auch jeder Zeit gratis ausleihen! Das Klima in dem Club ist, naja, wie soll ich sagen, eher kühl. Man spielt zusammen sein Instrument aber sonst herrscht da total die Hierarchie und wenn man mal nicht kommen kann wird das nicht gern gesehen. Die meisten im Orchester sind eine Stufe unter mir, mit denen hab ich nicht so viel am Hut. Zusammen haben wir aber mal alle den Film „Alice im Wunderland“ gespielt. Im März spielen wir das nämlich vor! Wir haben monatlich Konzerte, wenn auch nicht immer grosse. Mein erstes Konzert war ein Weihnachtskonzert wo wir unter anderem „Simple Synphony“ und „Can can“ vorgespielt haben!
  •  Design: Im Prinzip besteht der Club aus zwei Abteilungen: Modeln und Schneidern. Etwa 4 mal im Jahr gibt es eine neue Kollektion oder Fashion Show und dann wird fleissig genäht und geposet. Habe das erste mal ein komplettes Outfit alleine genäht und das macht echt Spass! Habe das Nähen wohl neu für mich entdeckt. Im Dezember haben wir das „Fashion Festival Kanagawa-ken“ gewonnen, ist das ist nicht super? Das kam sogar im Fernsehr! Das war richtig professionel, es kamen sogar Make Up Artisten für die Models. Ich versuche ein Video auf Youtube hochzuladen, damit ihr euch das noch besser vorstellen könnt! Nachdem wir gewonnen haben, sind wir in Chinatown in einem gemieteten Café (ganz für uns alleine) feiern gegangen! Es gab jede Menge zu Essen und zu lachen. Von Käsefondue und Schweizer Zungenbrechern bis hin zu Kimchi und Oinarisan. (Mein Lieblingsessen) Im Februar ist auch schon die nächste Fashion Show! Bis dahin ist erstmal Pause, aber die Woche vor der Fashion Show war viel los. Bis spät Abends haben wir in der Schule genäht. Cooler Club mit coolen Leuten!
  • Fotographie: Oder auf Japanisch: 写真部 – Shashinbu (wobei das bu für Abteilung bzw Club steht, eine Abkürzung für bukatsu). Der Club ist echt der Hammer: Ich kann, weil ich in dem Club bin, kostenlos Bilder (auch auf A3) ausdrucken, allerlei Kameras von der Schule benutzen und wir erkunschaften ab und zu interessante Orte! Treffen ist auch nur einmal die Woche in der Mittagspause – total entspannt! Habe auch bei einem Fotowettbewerb mitgemacht – wer weiss, vielleicht ist mein Bild ja irgendwo mal ausgestellt!
  • Ballett und Teezeremonie: Falls ich Zeit habe darf ich mit dem Balletclub zusammen aufwärmen, dehnen und Übungen an der Stange sowie im Raum machen. Ich bin nicht offiziell in dem Club, die sind viel zu gut und trainieren jede Tag etwa 3 Stunden. Bei den Aufführungen mache ich dann natürlich auch nicht mit, was aber vollkommen in Ordnung ist. Dadurch dass ich aber ab und zu mitmachen kann, verbessere ich mich auch im Ballett, was ich in der Schweiz ja auch wöchentlich gemacht habe. Achso, im Teezeremonie Club war ich mal ein paar Wochen schnuppern, aber habe gemerkt dass ich nicht so meins, wobei ich das wirklich interessant fand!

An meiner Schule gibt es folgende Clubs: Leichtathletik, Schwimmen, Volleyball, Basketball, Badminton, Fußball, Tischtennis, Kendo, Bergsteigen, japanisches Bogenschießen, Tennis, Aikido, Twirling-Sport, moderner Tanz, Blasmusik, Chor, Streichorchester, Popmusik, bildende Kunst, Zeichnen, Fotografie, Literatur, Radio, Astronomie, Bühnenkunst, Bekleidung/Schneidern, Go & Shogi, japanische Kalligraphie, Computer, English Speaking Society, Karuta (Japanisches Kartenspiel) und Bastelarbeit. Was hätte euch am Besten gefallen? Lasst’s mich gerne wissen! 

Bis bald,
Sophia

4 Gedanken zu „Schulclubs

  1. Hallo mein Schatz
    Sehr interessant, mal im Detail von den ganzen Clubs zu hören! Toll, dass Du das Schneidern für Dich entdeckt hast,Du bist immer wieder für eine Überraschung gut 🙂 Teezeremonie ist – glaube ich – für einen Menschen aus dem Westen wirklich schwer nachzuvollziehen… Schön, dass Du mal reingeschnuppert hast. Das Du das Cello so günstig ausleihen kannst, ist wirklich klasse. Hast Du noch vor, mal in den Astronomie Club hinein zu schauen? Das könnte auch interessant sein. Ich hätte mich wahrscheinlich für den Literaturclub interessiert 🙂 Ich freue mich schon auf Deinen nächsten Blog! Vielleicht mit Fotos aus Yakushima…
    In Liebe
    Mama

    1. Hi Mama! Wusste auch nicht, dass das Nähen so viel Spass machen kann! Der Weg von der Zeichnung zum fertigem Outfit ist echt spannend. Und mit Teezeremonie hast du recht, wenn ich ehrlich bin war das für mich etwas langweilig und der Tee war auch sehr bitter. 😀 Ich weiss leider nicht wo ich mich da anmelden kann und ich vermute, da werd ich gar nichts verstehen. 🙁 aber habe ich vor mit dem Astronomie-Club! Werde wahrscheinlich Weihnachten und Neujahr zusammen nehmen, aber muss noch gucken. Viel Zeit habe ich momentan leider nicht.
      Liebe Grüsse, hab dich lieb!
      Sophia

  2. HiSophi,
    hab mir schon gedacht, dass der Teezeremonie Kurs auf Dauer nicht das richtige für dich ist. Hab nichts gesagt, da es besser ist wenn du es selbst rausfindest 🙂
    Ich finde es toll was du alles machst. Dass du ab und zu im Ballett schnuppern kannst wird dir sicher helfen wenn du in der CH zurück bist wieder einzusteigen.

    lg
    Papa

    1. Hey Papa! Ja die waren da so total ruhig alle und habe ehrlich gesagt das ganze drumherum gar nicht verstanden. auch die ganzen extra namen für teezeremonietassen, löffel, schüsseln… das war mir zu viel.
      lg sophia

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